Der Wiederbeginn des TuRa Freienohl nach dem 2. Weltkrieg

von Rudi Neise, Geschäftsführer des TuRa von Februar 1946 bis November 1948

Rudi Neise, Geschäftsführer des TuRa
von Februar 1946 bis November 1948

Nicht nur das deutsche Reich war zerstört; auch das gesellschaftliche Leben der Vereine schien dahin zu sein. An das Wiederaufleben des Sportvereins dachte zunächst niemand. Wer von den Rückkehrern oder den Daheimgebliebenen war bereit, die Aufgabe zu übernehmen, den Sportbetrieb wieder in Schwung zu bringen? Letztendlich mussten wir die Besatzungsmächte über das Vorhaben unterrichten und eine Genehmigung zur Vereinsgründung oder deren Wiederauflebung einholen. Erst die im Spätsommer 1945 ergangene Direktive der Alliierten erlaubte das Wiederaufleben der Vereine, so auch der Sportvereine.

Zögernd suchten einige Fußball-Enthusiasten in Freienohl nach Anhängern des runden Leders. Die Suche begann bei alten Vereinsmitgliedern und Spielern, die Erfahrung in der Vereinsführung hatten.

Es gibt einen Ausspruch: ,,Woher nehmen und nicht stehlen?"

Nach und nach entließen die Alliierten die deutschen Soldaten aus der Kriegsgefangenschaft. Die Fußballanhänger des TuRa Freienohl konnten sich die Heimkehr alter Spieler bzw. Vorstandsmitglieder nur wünschen. Es blieb leider nur Wunschdenken.

Vom alten Vorstand des Vereins zählten Josef Schwefer (Görs Gummi) und Adam Heckmann (Mittelstraße), von den Spielern: Willi Kerstholt (Sparkasse), Heini Weber (Fronols Heini), Ernst Blessenohl und Franz Beilmann zu den ersten Heimkehrern 1945.


Das Foto zeigt die Fußballmannschaft des TuRa Freienohl auf dem alten Sportplatz im Langel (jetzt Fa. WoFi). Das Foto muss kurz nach dem Kriegsende aufgenommen worden sein.

Spieler von links nach rechts: Franz Beilmann, Heinz Schmitz, Franz-Josef Schirp, Alfons Wiesehöfer, Heinrich Weber, Hubert Kaulmann (Torwart), Paul Sorge, Ernst Kessler, Willi Heckmann, Artur Geißler, Franz-Josef Kerstholt

Leidenschaftliche Anhänger des Fußballs versuchten im Spätsommer 1945 den Sportverein wieder auf die Beine zu bringen. Fr.-J. Schirp (Bobby), Willi Heckmann, Fr.-J. Kerstholt (gen. Solmes Dicke) und einige andere waren es, die den Versuch unternahmen, Interessenten für eine Vereinsführung zu gewinnen. Gerade in Freienohl war das insofern schwierig, als die meisten aktiven Spieler bzw. Vorstandsmitglieder entweder im Krieg gefallen waren oder sich noch in Kriegsgefangenschaft befanden. Ungeachtet dessen, dass für die Wiederbelebung des Turn- und Rasensportvereins nach dem Krieg mit der Rückkehr einiger alter Spieler zu rechnen war, fanden Sportanhänger in Willi Weber am Hügel den Mann, der wohl bereit sein würde, den losen Zusammenschluss von Fußballanhängern zu führen. Er, ein alter Anhänger des Fußballs, übernahm den Vorsitz, Adam Heckmann, früher Mittelstraße, die Geschäfts- und Kassenführung. Ihnen gebührt im nachhinein Dank und Anerkennung für den Mut, dass sie sich in einer so schwierigen Zeit für die Aufgabe zur Verfügung gestellt haben.

Der für uns verlorene Krieg und seine Folgen wirkten sich lähmend auf die Wiederbelebung des Sportbetriebs allgemein aus.

Im Winter 1945/46 hatte Adam Heckmann dem alten Spieler Willi Kerstholt gegenüber mehrfach angedeutet, dass er als Geschäftsführer des Vereins zurücktreten würde.

Von der Rücktrittsabsicht erfuhr ich auf der gemeinsamen Fahrt zum Dienst (Willi Kerstholt und ich fuhren gemeinsam im Bus zum Dienst). Nachdem Heckmann zurückgetreten war, versuchte Kerstholt mich als Nachfolger zu gewinnen. Sehr interessiert am weiteren Wiederaufbau des Sportvereins zeigte sich Willi Kerstholt bei all' unseren Unterredungen. Er war es auch der mich dazu überredet hat, die Geschäftsführung des Sportvereins zu übernehmen. Gemeinsam gingen wir an einem Abend im November 1945 zum Vorsitzenden Willi Weber. Bei dieser Zusammenkunft waren wir drei uns einig, dass ich die Geschäftsführung übernehme. Die nächste Versammlung fand im Februar 1946 statt. Adam Heckmann trat hier offiziell als Geschäftsführer zurück. Am 10. März 1946 erfolgte der Rücktritt des 1. Vorsitzenden Willi Weber.

Wie ging es weiter?

Nachdem Willi Weber als Vorsitzender des Vereins zurückgetreten war, wurde mir erst recht bewusst, welche Aufgabe ich mir mit der Zusage aufgeladen hatte, die Geschäftsführung des Sportvereins zu übernehmen.

Und so setzte sich die Vereinsführung ab 10. März 1946 zusammen:

1. Vorsitzender: keiner
2. Vorsitzender: keiner
Geschäftsführer: Rudi Neise
Kassierer: Heinz Zeyen (er wohnte seinerzeit im Haus Hömberg, Mittelstraße)
Spielausschuss: keiner
 
Das gibt's doch gar nicht! Doch, so war es. Es war doch keiner bereit, sich in einen Verein aufnehmen zu lassen, geschweige denn, eine Funktion zu übernehmen. Wer die Jahre der Diktatur miterlebt und die Kriegswirren einigermaßen überstanden hatte, wollte durch eine Mitgliedschaft, ganz gleich in welchem Verein, sein Leben nicht belasten. Die Angst, diesbezüglich zur Rechenschaft gezogen zu werden, war sehr groß.

Recht und schlecht habe ich damals allein die Zeit für den Wiederaufbau durchstehen müssen. Es war doch nichts, aber auch gar nichts vorhanden. TuRa Freienohl konnte lediglich auf zwei seiner alten Spieler zurückgreifen. Da waren Nachbarvereine in einer weitaus besseren Lage. Ich konnte nur Woche für Woche improvisieren. Von der einstmals so hoffnungsvollen Garde halfen Willi Kerstholt und Franz Beilmann mit, eine Fußballmannschaft auf die Beine zu stellen. Infolge der Kriegsverluste befand sich TuRa in einer ganz misslichen Lage. Die meisten aktiven Spieler bzw. Vorstandsmitglieder waren gefallen oder befanden sich noch in Kriegsgefangenschaft.
In jeder Hinsicht stand das große „Nichts" im Raum.
Für uns die Frage: Wo und wie weitermachen?


"Samstag für Samstag habe ich abends im Vereinlokal Hellmann gesessen,
habe Jugendliche angesprochen, ob sie am Sonntag Fußballspielen möchten."

Wo war die Vereinsgeschichte des TuRa bei Kriegsausbruch im September 1939 stehen geblieben?

Weder Mitgliedsverzeichnis noch Protokolle waren aufzufinden. Es war bekannt, dass Albert Helnerus dem Vereinsvorstand angehört hat. Angeblich sollten sich Vereinsunterlagen bei seinem Vater, Julius Helnerus (Gastwirt), befinden. Eine Nachfrage war ohne Erfolg.

Da keine Unterlagen aufzufinden waren, war das Kapitel „Vereinsgeschichte" abgeschlossen. Unsere Aktivität hatte sich ganz auf die Suche nach Spielern abgestellt. Samstag für Samstag habe ich abends im Vereinlokal Hellmann gesessen, habe Jugendliche angesprochen, ob sie am Sonntag Fußballspielen möchten. Ich kam mir vor wie ein Bettler, nur mit dem Unterschied, dass ich für TuRa gebettelt habe.

Durch meine berufliche Tätigkeit hatte ich schnell Kontakt zu Nachbarvereinen aufgenommen. Ich habe mich auch dadurch nicht entmutigen lassen, dass die Spiele fast alle verloren gingen. Selbst nicht, wenn sie zweistellig wie gegen Husten 09 -13:0 oder Arnsberg 09 mit 11:1 ausfielen. Zu der Zeit konnte man sagen: Jeder Schuss aufs Tor war ein Treffer. Jeden Sonntag andere Spieler.

 Gespielt wurde seit dem Zusammenschluss 1938 nur auf dem alten Sportplatz an der Schützenhalle im Langel. Dieser wurde vor dem Zusammenschluss 1938 vom Turnverein benutzt. Der Ballspielverein hatte seinen Platz in Bockum, dort, wo die Bauern Flinkerbusch und Seifert heute angesiedelt sind.

In welchem Zustand befand sich der Sportplatz im Langel? Seit Kriegsausbruch war nichts mehr in Ordnung gehalten worden. Die Umzäunung des Platzes fehlte entlang der Straße zum Langel fast vollständig, oder sie war angefault. Gefahr drohte jedem Spieler, der an der Seite, zu spielen hatte, an dem der Platz mit Rasen zugewachsen war, denn die Seite war reichlich mit „Kuhfladen" bedeckt.

Der Sportplatz war Eigentum der Gemeinde Freienohl. Die letzten 4-5 Meter zum Langel gehörten dem Bäcker Franz Schmitten-Korte. Ein Dreieck entlang des Wassergrabens war Eigentum des Ernst Linneborn.


"Der Ballspielverein hatte seinen Platz in Bockum, dort, wo die Bauern Flinkerbusch und Seifert heute angesiedelt sind."

Sorge bereitete uns stets der Wassergraben, weil Bälle, die ins Wasser flogen, mit einer langen Stange aufgefischt werden mussten. Einen Platzwart kannten wir zu der Zeit nicht. Zum eigentlichen Wiederaufbau des Vereins kam die Sorge um die Bespielbarkeit des Sportplatzes. Es ergaben sich organisatorische Aufgaben, die zu bewältigen waren, wenn neben dem Vereinsleben auch der Spielbetrieb in Fluss kommen sollte. Ein sehr guter Kontakt bestand zum leider allzu früh verstorbenen Sportfreund Rudi Rohe aus Sundern, Mitinhaber der Firma Schulte-Ufer Sundern. In einer Zeit, in der Sportkleidung nur durch Beziehungen zu bekommen war, besorgte er uns die erste Garnitur Trikots für die 1. Mannschaft und verhalf uns zu Haushalts- und Elektrogeräten aus seiner Firma, Einkaufswert rund 1.000,- RM, für eine Verlosung Weihnachten 1946. Die Verlosung war als Auflockerung des Vereinslebens gedacht.

Aus der Vielzahl der Spieler hatte sich bis zum Sommer 1946 eine konstante Mannschaft gebildet.

Spieler aus der Soldatenmannschaft Wildshausen - dort war ein Kriegsgefangenenlager mit ca. 350 deutschen Soldaten - wurden zur Verstärkung eingebaut. Es waren die Spieler: Paul Sorge, Günter Vogt, Heinz Seidensticker, Konrad Blum und Franz Meier. Oberst Swen, englischer Offizier, dem das Lager unterstand, erlaubte, dass das erste Spiel gegen TuRa Freienohl ausgetragen wurde.

Wenn auch der Fußballhimmel noch nicht strahlte, es waren doch Lichtblicke zu erkennen, die reizten, einen stärkeren Gegner zum Spiel einzuladen. Die Besatzungsmacht wurde nicht mehr als der Kriegsgegner schlechthin angesehen; sie war ja als unser Befreier von der Nazidiktatur gekommen.

Die uns von der Besatzungsmacht auferlegten Einschränkungen waren gelockert, die Ausgehzeit bis 20 Uhr verlängert, und die Unnahbarkeit zur Besatzungsmacht wurde nicht mehr so streng genommen. Das gab Mut, eine englische Mannschaft zum Spiel einzuladen. Mit einem „Holzkocher" der Firma Ehret (Wennemen), Leuers Hubert hatte sich den Wagen bei seinem Chef geliehen, fuhren wir zur englischen Dienststelle in die Rönkhauser Straße nach Hüsten. Nach anfänglichen Bedenken wegen der Unfallgefahr sagte Oberst Green dem Spielabschluss zu. Die Rückfahrt war mit einem Hindernis verbunden. Der „Holzkocher" ließ uns kurz hinter Husten stehen. Wegen der Sperrzeit, diese war auf 20 Uhr festgesetzt, kamen wir in arge Bedrängnis. Wer kannte sich in der Funktion des Holzkochers schon aus? Alle Versuche, den Holzkocher wieder in Schwung zu bringen, blieben ohne Erfolg. Der Wagen wurde rückwärts zwischen die Häuser geschoben.

Per Anhalter - eine andere Rückfahrmöglichkeit gab's nicht mehr - kamen wir noch rechtzeitig gegen 20 Uhr in Freienohl an. Aufregend war die Zeit schon. Ohne Genehmigung der Besatzungsmacht für Fahrten an Sonntagen mit einem LKW, lief nichts. Ohne Fahrgenehmigung zu fahren, war strafbar. Zu den auswärtigen Spielen fuhren wir mit Lkws und Anhänger. Beladen mit 50 bis 70 stehenden Personen. Halsbrecherisch, wenn es in die Kurven ging.

Für Fahrten mit wenigen Zuschauern mussten Peter Pecko und Ernst Neise mit ihren Holzkochern herhalten. Glimpflich verlief die Fahrt zum Spiel nach Wickede im Herbst 1946, als sich auf der Strecke zwischen Bruchhausen und Husten plötzlich das rechte Hinterrad löste und an uns vorbei ins Feld rollte.

Auf die Beschaffenheit der „Holzkocher" wurde kaum geachtet. Zeichen der Zeit, kann man schon sagen. Willi Klasmeier, er war bei der Kreisverwaltung in Arnsberg zuständig für Fahrgenehmigungen, erwischte uns zweimal ohne Fahrgenehmigung. Das kostete je 30,- RM. Geld war noch nicht wieder in der Kasse.

Wie auch zu der Zeit alles gelaufen ist, es hat auch oft Spaß auf dem Sportplatz gegeben. Eine Begebenheit sei hier aufgeführt:

Im Spiel gegen eine Mannschaft aus Hellefeld wurde ein Hellefelder Spieler wegen seiner unfairen und harten Spielweise vom Schiedsrichter Broichhaus des Feldes verwiesen.

,,Nä, Nä", sagte der Hellefelder Spieler, „sie müssen mir erst kündigen".


Hinter der alten Schützenhalle befand sich der Sportplatz.
In der Schützenhalle befand sich die Tuchfabrik der Firma Goblet

Voll List und Tücke waren oft die Anfeuerungen der Zuschauer, die sich an dem Toilettenhäuschen der Schützenhalle aufhielten. Einmal wurde der Spieler angefeuert, beim nächsten Mal wurde er wieder runter gemacht. Für die Spieler war dies eine böse Zuschauerecke.

Bei einem M-Spiel gegen Bruchhausen verletzte sich - auf dem gefrorenen Boden - ein Bruchhauser Spieler am Oberschenkel, Sanitäter zum Verbinden waren nicht zur Stelle. Schnell schnitt ein Zuschauer das lange End seines Sockens ab, ein anderer gab sein Taschentuch, und schon war der Verband angelegt. Die Begeisterung bei den Bruchhauser Zuschauern war beachtenswert.

Im Spätherbst 1946 ließ der Architekt Josef Schwefer (Auf dem Mühlenberg), mich zu sich rufen. Sein Anliegen: Fortführung des Gesprächs über Abgabe eines 10 m tiefen Geländestreifens vom Sportplatz an die Firma Goblet zur Verlängerung der Schützenhalle, in der sich die Tuchfabrik Goblet befand.

An diesem Gespräch nahm auch Herr Franz Goblet teil (die Firma Goblet kam während des Krieges aus Aachen nach Freienohl). Ich stand der evtl. Abgabe eines Geländestreifens nicht ablehnend gegenüber, nur müsse ein geeignetes Gelände zum Ausbau eines neuen Sportplatzes besorgt werden, gab ich beiden zu verstehen. Mich beschäftigte dieses Thema schon seit der ersten Unterredung mit Architekt Schwefer, das wir schon vorher vor dem ehemaligen Amtsgebäude kurz angesprochen hatten. Somit kam ich nicht ganz unvorbereitet zu dieser Unterredung. Als geeignetes Gelände konnte nur eine Wiese irgendwo im Ohl in Betracht kommen (Korten-Fahnschmirz Wiese).

Mein Hinweis: Berg- und Talgelände, daher ungeeignet, außerdem wären die Zuschauer der Witterung auf der Höhe (Sturm, Regen u.s.w.) sehr stark ausgesetzt.

Der Verein würde sicherlich mit Rücksicht auf seine Zuschauer den Vorschlag ablehnen, gab ich den beiden Herren zu verstehen. Das Gelände einzuebnen, sei keine Schwierigkeit, meinte Herr Schwefer und beauftragte mich, dem Verein seinen Vorschlag zu unterbreiten. Unsere Unterredung beendeten wir mit der Vereinbarung, dass Herr Schwefer und Herr Goblet sich weiterhin um ein geeignetes Gelände bemühen wollten. Ich bin von keinem der beiden Herren auf dieses Thema wieder angesprochen worden.

Im November 1946 kam es zu einer außerordentlichen Versammlung. Wie so oft in schwierigen Situationen war Lehrer Franz Demmel wieder der Retter und Helfer. Sein Sportgeist war beneidenswert. Auf seine Anregung hin wurden folgende Mitglieder in den Vorstand gewählt:

1. Vorsitzender: Franz Broichhaus
2. Vorsitzender: Josef Schwefer
1. Geschäftsführer: Rudi Neise
2. Geschäftsführer: Herbert Zacharias
1. Kassierer: August Geißler
2. Kassierer: Reinhard Flechtner
Spielausschussobmann: Klemens Rüth

Dem Spielausschuss gehörten weiter an: Otto Köster, Aloys Winterhoff, Ernst Blessenohl, Franz Beilmann, Josef Schwefer, Norbert Pöttgen. Dies war der erste vollständige gewählte Vorstand nach dem Krieg.

 Das Jahr 1947 brachte ein reges Vereinsleben. Mit dem Besuch des Deutschen Fußballmeisters von 1934, FC Schalke 04, der gegen eine Auswahlmannschaft des Sauerlandes spielte, war der alte Kontakt zum Traditionsverein durch Albert Bürger, Eslohe (er wohnte früher in Freienohl und hatte den Deutschen Meister von 1934 damals zu einem 14tägigen Urlaub nach Freienohl eingeladen) wieder hergestellt.


Am 27. Juni 1947 spielte Schalke 04 in einem Freundschaftsspiel gegen eine Fußballauswahl des Sauerlandes und gewann mit 6:2. Für das Spiel hatte man den Wald entlang des Linneborngrabens in Richtung Klauken auf`m Hahn extra abgeholzt.

In der Sauerlandmannschaft standen bewährte Spieler aus Wickede, Voßwinkel, Neheim-Hüsten, Oeventrop, Meschede und vier Spieler vom TuRa Freienohl. 6000 Fußballfans aus dem gesamten Sauerland kamen zu diesem Spiel.

Herr Bartholomä, zuständiger Förster für den Gemeindewald Freienohl, hatte auf die Bitte des Sportvereins alle dicken Äste von den Eichen jenseits des Wassergrabens entfernen lassen, damit die Zuschauer vom anderen Ufer aus einen freien Blick zum Sportplatz bekamen. Bei der Aufarbeitung waren Äste über bzw. in den Wassergraben gefallen, der Eigentum des Ernst Linneborn ist.

Aufgeweckt durch diese Arbeiten am Wassergraben, sah sich Herr Linneborn veranlasst, mich auf den Grenzverlauf seines Privatgrundstücks aufmerksam zu machen. Ich gab ihm zu verstehen, dass der Sportverein dafür sorgt, dass das Holz aus und entlang dem Wassergraben entfernt wird.

Bei dieser Gelegenheit stellte ich als Geschäftsführer des Sportvereins die Frage an Herrn Linneborn, ob er es dulden würde, wenn der Sportverein - in Verbindung mit der Gemeinde Freienohl - zur Verbreiterung des Sportplatzes den zu seinem Werk führenden Wassergraben auf eine Länge des Sportplatzes mit einer dicken Betondecke versehen würde. Das führe zu einer Beeinträchtigung des Wassergrabens, das könne er nicht zulassen, war seine Antwort. Damit war es noch nicht getan. Er ließ mit Holzpflöcken den Grenzverlauf auf dem Sportplatz markieren.

Der damals im Jugendheim - gegenüber der alten Schützenhalle - wohnende Heinrich Böll, 1948 nach Arnsberg verzogen, machte mich auf die von Herrn Linneborn angebrachte Markierung aufmerksam. Die 10 cm aus der Erde ragenden Holzpflöcke haben Webers (Fronols) Heini und ich mit der Spitzhacke entfernt. Es kam dann zu einer neuen Unterredung mit Herrn Linneborn, der sich zur Sicherheit des Grenzverlaufs entlang des Wassergrabens eine jährliche Erinnerungsgebühr von 10 RM erbat. Dies machte ich von der Zustimmung des Sportvereins abhängig. Über Höhe und Zeitpunkt der Zahlung müsse der Vorstand beschließen, war Fazit unseres Gesprächs.

Zur Vereinsgeschichte gehört auch festgehalten zu werden, dass ab 1946 der Spielbetrieb um eine Herrenhandballmannschaft erweitert wurde.


Hinten von links: Herbert Geißler, Heinz Seidensticker, Klemens Melnik, Arthur Geißler, Karl Breuer, Johannes Schwefer, Betreuer August Schwefer
Mittig von links: Willi Schirp, Günter Voigt, Hans Trumpetter
Vorne von links: Albert Schwefer, Ernst Bracht, Walter Schwefer

Mit dem neuen vollständigen Vorstand und ersten Spielausschuss regte sich das Vereinsleben. Spielausschusssitzungen fanden wöchentlich statt, dabei musste Kösters Jupp (Wageners)  mit seinem „Eigenheimer" (selbstgezogener Tabak) immer Federn lassen, oder es gab Gelegenheit für 5,- oder 7- RM je Stück eine Camel, Fall-Mail oder Stuyvesant von entsprechenden Schwarzhändlern zu ergattern.

Mit heller Freude und Bewunderung wurden die ersten von Norbert Pöttgen (Quellmann genannt) angefertigten Fußballschuhe vom Spielausschuss angenommen. Woher das Leder zu der Zeit kam, darüber konnte man nur spekulieren. Die Schuhe wurden dem vom Sportverein Oeventrop zu uns gestoßenen Spieler Alfons Wiesehöfer (der Krumme genannt) ausgehändigt.

Es fand kaum eine Spielausschusssitzung statt, in der nicht von alten Spielern, die noch in Kriegsgefangenschaft waren, gesprochen und ihre baldige Heimkehr gewünscht wurde.

Die jungen Spieler brauchten einen Allround-Spieler wie Franz Beilmann, der mit Stirnbergs und Schirps den Fußball in Freienohl prägte ...

... und eine Autoritätsperson, wie sie Lorenz Stirnberg im Spiel, aber auch außerhalb, von sich gab. Für den Sturm der 1. Mannschaft fehlte ein Reißer mit glashartem und treffsicherem Schuss, den Ernst Stirnberg (Enti genannt) einst auszeichnete und ihn als Mittelstürmer manchen Torerfolg brachte.

Diesen alten Idealmittelstürmer konnten wir zwar bei der Weihnachtsfeier 1947 wieder in unseren Reihen begrüßen, sein Einsatz als Spieler war jedoch nicht möglich; die Sowjets hatten uns einen schwer erkrankten Fußballer heimgeschickt. Sein Bruder Lorenz kam erst 1950 aus russischer Kriegsgefangenschaft heim.

Wie anfangs erwähnt, mussten  wir mit ganz neuen Spielern wieder aufbauen. Wenn Not am Mann war, halfen uns Spieler der Handballmannschaft. Das führte häufig zu Reibereien, besonders dann, wenn für die eine oder andere Abteilung ein wichtiges Spiel anstand. Sportlich und fair wurde alles wieder geglättet. Die Spielerdecke war halt noch sehr dünn. So mancher Spieler musste mit Brotmarken, die der Sportkamerad Herbert Geißler mit aus seiner Bäckerei zur Weitergabe in die Hand drückte, unterstützt werden. Brot war zu der Zeit noch rationiert.


Herbert Geißler

 Wie anfangs erwähnt, mussten  wir mit ganz neuen Spielern wieder aufbauen. Wenn Not am Mann war, halfen uns Spieler der Handballmannschaft. Das führte häufig zu Reibereien, besonders dann, wenn für die eine oder andere Abteilung ein wichtiges Spiel anstand. Sportlich und fair wurde alles wieder geglättet. Die Spielerdecke war halt noch sehr dünn. So mancher Spieler musste mit Brotmarken, die der Sportkamerad Herbert Geißler mit aus seiner Bäckerei zur Weitergabe in die Hand drückte, unterstützt werden. Brot war zu der Zeit noch rationiert.

Der Herrenhandballmannschaft schloss sich später eine Damenhandballmannschaft an. Hoffmanns Zwillinge von der Alm (heute Frau Schirp bzw. Frau Wolf), Klauken Mia (früher Wiesemanns Mia), Schwefers Lore (Breiter Weg) u.a. sorgten mit ihrem Können für einen großen Zuschaueranhang.

Ein großes Problem war immer noch die Beschaffung von Sportbekleidung, Fuß- und Handbällen, Netzen usw. Hier fanden wir eine gute Unterstützung beim Sportdezernenten der Regierung Arnsberg, Herrn Grömmer. Mit einem Empfehlungsschreiben schickte er uns zur Firma Turn- & Taxmeier nach Hagen. Arthur Geißler griff zu Hause in die Lebensmittelmarkenkiste und schwänzte die Schule in Arnsberg, Bobby Schirp blieb seiner Arbeitsstätte fern. Zu dritt fuhren wir nach Hagen und das nicht ohne Erfolg. Mit sieben Handbällen, einem Fußball, Ballnetzen und Eckfahnen kehrten wir zurück. Die Beschaffung kam wie ein Hauptgewinn an.

Mit den besorgten Handbällen konnte ich den Vorwürfen der Handballabteilung entgegenwirken, ich würde die Handballabteilung vernachlässigen und das als Geschäftsführer des Vereins! Diese Art Vorwürfe gab es öfter. Zuweilen führten die Vorwürfe an den Rand einer Krise zwischen der Fußball- und Handballabteilung. Abwerbungen von Spielern von der einen zur anderen Abteilung waren nicht selten und brachten oft die jeweilige 1. Mannschaft in Gefahr. Bahnte sich deswegen eine drohende Krise im Verein an, war es Lehrer Demmel, der es immer verstand, Krisen und Unstimmigkeiten abzuwenden. Er sprach häufig vom reinigenden Gewitter, das zu Klärung der Luft beiträgt. Wie die Namen Stirnberg und Schirp, so ist auch der Name Demmel gleich hinter dem Vereinsnamen TuRa Freienohl einzureihen.

 

Literaturnachweis: 100 Jahre Sport in Freienohl, TuRa 1888/09 e.V. Freienohl
Bildnachweis: Karl-Heinz Kordel, Freienohl