Die Langelbrücke

Schon 1474 gab es unsere Freienohler Langelbrücke, zunächst und später sehr oft Langelsbrücke – mit: s – genannt, in Verbindung mit einer Wiese (deren Ertrag der Kirche gedient hat) und der Schalkenburg auf dem Küppel: „eyne wiehse geleghen under der schelkenborch boui der langelsbrugghen“: „eine Wiese unterhalb der Schelkenborch bei der Langelsbrücke“. So innerhalb einer Urkunde vom 14. Februar 1474 gegenwärtig die älteste Unterlage. Früher (bis 1959) befand sich diese Urkunde im Pfarrarchiv der St. Nikolaus-Pfarrei Freienohl, jetzt im EBAP, im Erzbischöflichen Archiv Paderborn. Bevor diese Urkunde dorthin kam, hat sie der in Freienohl hochverehrte Lehrer Franz Kroh (+1965) abgeschrieben; nachlesbar in seinem Nachlass im Stadtarchiv Meschede im Amtshaus Freienohl.


Die Langelbrücke im Jahre 1929 - Foto: Karl-Willi Vorderwülbecke


Bau einer neuen Langelbrücke im Jahre 1830

Das nächste Datum ist erst gut 350 Jahre später: genau 1830. Etwas für Meister-Bastler: ein 14 Seiten langer, damit auch sehr ausführlicher Material-, Bau- und Kostenplan für die Langelsbrücke von 1830, am Anfang der Akte 930.

Zerstörung der Langelbrücke durch starken Eisgang am 15.01.1841

Zehn Jahre später, am 15. Januar 1841 schreibt der Freienohler Gemeinderat an den Landrat in Arnsberg einen Brief: „Die Gemeinde Freienohl hat heute einen großen Verlust erlitten: die Ruhrbrücke im Langel, welche noch vor 10 Jahren und mit einem Riesenaufwand von mehr als 2.000 Reichstaler ganz neu erbaut wurde, ist diesen Morgen gegen einhalb neun Uhr durch den Eisgang der Ruhr zertrümmert, ein ganzes Gefach ist durch den Strom mit weg gerissen und noch nicht wieder aufgefunden und die übrigen Gefache sind so zerstört, dass eine ganz neue Brücke gebaut werden muss...“ (Gefach = Fachwerk, die Öffnungen zwischen den Balken)


Die alte Langelbrücke - Alte Ansichtskarte


Am 29. Januar 1841: Für Arbeiten an der zerstörten Ruhrbrücke benötigt der Gemeinderat „zum Gebrauch zur Überfahrt über die Ruhr“ die alten, nicht mehr gebrauchten Glockenseile von der Kirche, die der Küster und Lehrer Leismann aufbewahrt. Der will diese Seile (sie reichten damals von oben, von den Glocken bis nach unten auf den Fußboden des Turms) den beiden Gemeinderäten Heinrich Lenze gnt. Lichte und Georg Schwefer nicht herausgeben. Vom Bürgermeister Alberts erhält der Polizeidiener Kaulmann noch am selben Tag den Auftrag, die Glockenseile zu holen. - Gründe der Ablehnung stehen nicht in der Akte (AA 930).

Am 8. und 14. März 1841 schreibt aus Arnsberg die Königliche Abteilung des Innern und der Landrat von Lilien: „... es sei nichts zu erinnern“ (d.h.: es ist erlaubt), die Abbrucharbeiten „durch Tageslohn ausführen zu lassen bei gehöriger Kontrolle“ (damals hatte das Wort „gehörig“ gewiss nicht den negativen Beigeschmack wie heutzutage).           

Mit Hilfe des Gutachtens des Oberförsters Barkow sollen das Bauholz, die Baumstämme vom Hohlknochen genommen werden. - Der Baukondukteur Lücke (wohl von der Regierung) hat den Zimmermeister Johann Kehsler mit der Ausführung des Brückenbaus betraut.

Am 19. Mai 1841 wird vorgelegt eine „Kosten-Berechnung über die zum Wieder-Aufbau der Freienohler Communal-Ruhrbrücke erforderlichen Schmiedearbeiten“.

Gegenstände sind u.a. „Schuhe zu den Tauchpfählen und zu den Pfählen der Eisbrecher“, Nägel in verschiedenen aufgelisteten Längen und Stärken, „Schienen über die Eisbrecher“ (2 Schienen je 30 Fuß lang, = je 10,50 m), Schrauben, Befestigungen für die Geländer-Ständer, Schrauben-Bolzen auch in verschiedenen Längen und Stärken...

Bezahlt werden für Brückenbau-Arbeiten am 1. August 1841: Georg Schwefer, Ferdinand Becker, Friedrich Kückenhoff. - Solche Bezahlungen kommen regelmäßig vor. Im Dezember 1841 an Anton Trompetter gnt. Peters für Holztransport vom Grafen von Westfalen, von Schloss Laer. So einen Transport – dazu noch über den Plastenberg! - schafft man nicht allein und nicht mit 1 Pferd, sondern mit 4 – 6 Pferden.
Am 27. August 1841 wird berichtet vom „Verkauf des alten Eisens von der zerstörten Ruhrbrücke“. Auch altes Holz wird verkauft, nicht nur als Brennholz.

 

Tagelöhner beim Brückenbau

Tagelohn für Zimmerarbeiten erhalten viele Freienohler. Die Zahl-Summe zu nennen, wäre kürzer, aber auch „lebloser“; hier haben viele Freienohler ihre Langelbrücke zusammen wieder aufgebaut, auch wenn dabei mal geschimpft wurde. Bekannte Freienohler Namen: Franz Köster, sein Sohn Kaspar Köster, Philipp Trompetter, Heinrich Stirnberg, Johann Trompetter, Schmied Ferdinand Köster, Heinrich Lenze gnt. Lichte, Arnold Raulf, Franz Rüster, Fritz Lenze, Georg Becker, Andreas Heckmann, Kaspar Trompetter, Kaspar Stirnberg, Ferdinand Funke, Anton Korte, Franz Mester, Johann Stirnberg, Joseph Schnapp (Sägemüller), Anton Stirnberg, Anton Neise, Kaspar Kehsler, Kspar Schröer, Georg Kehsler junior, Adam Heckmann,Fritz Heckmann, Heinrich Höhmann, Johann Vogt junior, Heinrich Vohs, Kaspar Düring, Franz Vogt, Heinrich Mester, Franz Pöttgen gnt. Rante, Kaspar Kehsler gnt. Willeke, Franz Trompetter bei Vogt, Ferdinand Schnapp, Bernard Stirnberg, Ferdinand Wrede gnt. Kückenhoff, Franz Trompetter bei Hiepen, Adam Pöttgen gnt. Göbel, Theodor Hiernstein, Kaspar Mester, Ferdinand Geihsler gnt. Göbel, Georg Trompetter gnt. Feltmann, Franz Trompetter gnt. Peters, Kaspar Nöke.
Am 7. Mai 1841, „nachmittags um 1 Uhr wird an die wenigst fordernden der Arbeitsauftrag verdungen“ (vergeben): der Holztransport der gefällten Eichen vom Scheidkopf, Bergemer zum Brückenbau.

Schnaps als Lohn für die Arbeit

In einem Bericht vom 26. April 1841 „setzt der Bürgermeister Alberts den Gemeinderat mit Heinrich Lenze gnt. Lichte, Ferdinand Becker, Georg Schwefer, Bernard Heckmann und in Gegenwart des Zimmermeisters Kehsler in Kenntnis, dass der größte Teil des Bauholzes zum Wiederaufbau der Ruhrbrücke bereits gefällt und beschlagen (abschlagen der Äste) und nunmehr binnen (innerhalb) einiger Tage die sogenannte Unterbrücke, das Baugerüst zum Einrammen der Tauchpfähle usw. aufgestellt werden müssten; es sei dies eine für die Gesundheit der Arbeiter gefährliche Arbeit, indem sie bei dem auch hohen Wasserstand auch an einzelnen Stellen bis an den Hals ins Wasser müssten und dieses noch sehr kalt sei; nur kräftige und abgehärtete Leute seien dazu brauchbar und auch diese seien noch genötigt während der Arbeit des Tages mehrmals die Kleidung zu wechseln. Unter solchen Umständen könne man nicht verlangen, dass sie gegen den bisher bedungenen (beschlossenen) Lohn von von täglich 10 oder 11 Sgr. Arbeiten sollten. Entweder müsste man ihnen während dieser Arbeit den Tagelohn bis zu 14 oder 15 Sgr. erhöhen oder sie auf andere Weise entschädigen.

Um etwas für die Gemeinde zu ersparen, sei man auf die von Meister Kehsler zu dieser Arbeit ausersehene Zulage dahin überein gekommen, dass ihr Tagelohn nicht erhöht, dagegen ihnen, wenn sie aus dem Wasser nach einer Pause zur Arbeit zurück wieder hinein müssten, ein Schnäpschen verabreicht werden soll. Zum Bau der Unterbrücke seien circa 14 Mann erforderlich; wollte man jedem den Tagelohn um 4 Pfennig höher setzen, so würde dies täglich auf 14 Mann eine Mehrausgabe von 1 Sgr. 26 Pf. betragen; verabreiche man ihnen aber ein Schnäpschen, so würde man höchstens 2 ½ bis 3 Maas bedürfen und dafür nur – für 3 Maas – 15. Sgr. ausgeben, somit gegen den Soll der Erhöhung des Tagelohns 1 St. 11 Sgr. pro Tag ersparen...“ - Die Schnaps-Berechnung wird im Text fortgesetzt mit der wohl notwendigen Verlängerung der Arbeitszeit von bisher 6 auf 5 Uhr morgens, bis 8 oder 9 Uhr abends...Der Gemeinderat erklärt sich mit den Vorschlägen von Meister Kehsler einverstanden.
Am 21. September 1841 liegt eine sehr genaue Liste für den Schnaps-Verbrauch vor. Zeitweise für 37 Arbeiter.


Im Jahre 1934 erwies sich die alte
Langelbrücke als reparaturbedürftig.
Foto: Dorothea Valenta

Nacheinander folgen Rechnungen über die benötigten und verbrauchten Metall-Teile: Schrauben, Nägel, „Eisen-Schuhe“ usw.
Zum Brücken-Anstrich am 30. September 1841 ein Gemeinde-Beschluss: „Die Geländer sollen statt des schwarzen Lang-Anstrichs: gewunden schwarz und weiß gestrichen werden.“ Doch – nach fast einem Monat - am 27. Oktober 1841 steht in einem Schreiben aus Arnsberg vom Landrat von Lilien „über die Anstreicher-Arbeiten an der neu gebauten Freienohler Ruhrbrücke; diese sollen wegen der schon vorgerückten ungünstigen Wetterlage bis zum nächsten Frühjahr ausgesetzt werden“ - Ob die Anstreicher auf dieses Schreiben gewartet haben, ist nicht bekannt.
Und leider fehlt auch in der Akte 930 und in anderen dafür möglichen Akten eine Bekanntmachung zur feierlichen Eröffnung der neuen
Langel-Ruhr-Brücke.
Erst am 13. August 1858 stehen in dieser Brücken-Akte Angaben über Reparatur-Arbeiten an der Langel-Brücke: „Alte Bohlen müssen gegen neue ausgewechselt werden.“

Brückenzoll

Um die Brücke unterhalten zu können, wurde von den Fuhrwerksbesitzern und Fußgängern bei der Brückenbenutzung ein Brückenzoll erhoben. Das Brückengeld betrug bei einmaligen Überqueren für Fußgänger 2 Pfennig, leerer Pferdewagen mit einem Pferd 3 Pfennig, beladener Pferdewagen mit einem Pferd 5 Pfennig, Pferdewagen mit zwei  Pferden das doppelte. Das Brückengeld war in dem Hause Köhne zu entrichten. Die Freienohler Bürger wurden im Jahre 1901 vom Brückenzoll befreit. Nach 1905 wurde das Brückengeld für auswärtige Fuhrwerke in eine Jahrespauschale umgewandelt.

Neubau der Langelbrücke


"Neue" Langelbrücke nach 1934         Foto: Dietmar Hatzig

Im Jahre 1934 erwies sich die alte Langelbrücke als reparaturbedürftig. Die Gemeinde Freienohl musste sich an den Kosten beteiligen, da durch diese Brücke ein großer Teil ihrer Feldmark und ihres Gemeindewaldes erschlossen wurde. Gleichzeitig wurde die Begradigung der Straße von der Brücke bis zur Hauptstraße durchgeführt.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde diese Brücke durch eine Betonbrücke ersetzt.

Heinrich Pasternak

Fundstellen:
Archiv der Stadt Meschede, Akte 930
Chronik Freienohl von Lehrer Franz Kroh
Freiheit Freienohl, 1272 - 1975 von Dr. Manfred Wolf, 1985